Donnerstag, 2. Februar 2017

Satisfaktion, Rehabilitation und Achtung

Vor einigen Wochen bin ich zu meiner Augenärztin gegangen, da ich unter starkem Augenflimmern litt. Dieses hat sich etwas gebessert, doch das Farbensehen ist immer noch sehr stark. Es ging mir auch darum, meine Ehre wiederherzustellen, da mir dauernd von Bekannten, Ärzten oder Leidensgenossen meiner Grunderrkrankung gesagt wurde, dass sie ihre Symptome nicht so in den Vordergrund stellen, dass ich einfach mich nur besser ablenken müsste, oder dass ich einfach aufgrund meiner kürzlich stattgefundenen OP momentan empfindlicher sei und daher die Symptome mehr spüren würde. Daher war es für mich eine Erlösung, dass meine Augenärztin mir bestätigte, dass es sich tatsächlich um ein Syndrom handelt, von dem ich hier auch berichtet habe. Sie versprach mir, meinen Ärzten dies auch zu bestätigen, damit ich nicht weiter bloß für psychosomatisch gehalten würde. Außerdem bestätigte sie mir den Zusammenhang zwischen meiner internistischen Situation und den Problemen an den Augen. Bis heute habe ich den versprochenen Brief nicht erhalten. Auch war ich gestern bei meinem Nephrologen. Ihm habe ich dann auch ohne Brief alles mündlich wiedergegeben, was mir die Ärztin sagte, sein Fazit war, zum Glück ist nichts an den Augen. Ich hatte mir eigentlich erhofft, dass er auch sagen würde, dass es so etwas gibt, von einem Charles-Bonnet-Syndrom habe ich noch nie gehört, jetzt wissen wir also, woher Ihre Beschwerden kommen. Stattdessen meinte er dann nur, ob denn jetzt mein seelisches Stimmungstief vorbei sei. Ich hätte doch so geklagt, dass ich keine Lebensqualität mehr hätte. Es hörte sich nicht so an, als ob er mein seelisches Tief als Folge meiner eingeschränkten körperlichen Leistungsfähigkeit deuten würde, sondern als ob er die Stimmungsschwankungen als eigene Symptomatik sehen würde. Ich sagte ihm, da sich nun auch meine internistische Situation gebessert hätte, wären auch die Symptome an den Augen besser geworden, und daher könne ich wieder aktiver sein. Sein Kommentar: „wenn man aktiver ist, ist man dann auch mehr abgelenkt.“ Das bedeutet, er hat offenbar immer noch nicht verstanden, dass dieses Symptom keine psychische Ursache hat und sich daher auch nicht einfach durch Ablenkung verringern oder durch Stimmungstiefs verstärken läßt , sondern dass es sich tatsächlich um ein anerkanntes Syndrom handelt, welches bei vielen Menschen mit schweren sie Problemen auftritt. Es ist weder durch Ablenkung zu verdrängen, noch ist es möglich, durch verstärktes Grübeln diese Symptome zu verschlimmern. Man hat selbst keinen Einfluss darauf. Ich habe auch mit anderen Menschen gesprochen, die meine Erkrankung mit den Augen und den Nieren haben, die aber laut ihren Angaben das Symptom des Augenflimmerns nicht kennen. Natürlich haben alle Menschen mit Retinitis pigmentosa gewisse Symptome vor den Augen, aber nicht in dieser Art, wie ich sie beschrieben habe. Mir wurde dann häufig gesagt, man hätte mit seinen Augenerkrankungen und Nierenerkrankungen genug zu tun und nicht noch die Zeit und die Kraft, sich mit kleineren Symptomen wie Gelenkschmerzen oder der Sehverschlechterung auseinanderzusetzen. Meine Sehverschlechterung an sich ist nicht das Problem, denn die verläuft so langsam, dass ich sie überhaupt nicht bemerke. Es geht mir auch nicht darum, gegen meine sie Verschlechterung anzukämpfen, die ich vielleicht nicht akzeptieren könnte, so wie andere ihr Altern nicht annehmen können, siehe auch "Altwerden ist nix für Feiglinge"…. . Das Problem ist, dass solche Schwankungen des Sehvermögens, wie ich sie erlebe, stark irritieren und ziemlich gefährlich sind, und dass ich sie noch nicht einmal weg bekomme, wenn ich die Augen schließe. Ich habe ja an anderer Stelle schon hinlänglich geschildert, wie schwerwiegend die Symptomatik ist. Ich habe nun meiner Augenärztin noch einmal geschrieben und sie gebeten, mir doch diese Bestätigung zu schreiben, da es mir sehr wichtig ist, dass ich nicht einfach nur in die Ecke gestellt werde, als seien meine Symptome rein psychosomatisch, und als müsse ich einfach nur anders damit umgehen, um sie nicht zu sehr zu beachten, oder um sie nicht noch zu verschlimmern. Ich habe dieses Schreiben auch einigen Leuten gezeigt, die meine Erkrankung haben, die mich ja so sehr bewundern dafür, dass ich mich auch noch mit meiner sie Verschlechterung auseinandersetze, sie selbst hätten dazu weniger die Zeit und auch nicht die Energie . Ich kann mit dieser Art von Bewunderung wenig anfangen, denn der Schweregrad meiner Symptomatik, der mich sozusagen dazu zwingt, zumindest eine offizielle Anerkennung meiner Beschwerden zu erhalten, damit ich nicht noch als verrückt dargestellt werde, lässt mir dazu keine andere Wahl, da er seinerseits sehr viel Energie und Lebenskraft raubt. Ansonsten hätte ich nicht die Zeit und die Musse, mich mit jedem Wehwehchen und jedem Zipperlein, das mich so plagt, auseinanderzusetzen. Auch meine größeren Erkrankungen sind auch genauso genug wie bei den anderen Kollegen mit meiner Krankheit und lassen mir wenig Zeit und Raum für andere Dinge, aber solch starke Positiv-Symptomatik kann man nicht einfach ignorieren . Als ich also diesen schrieb an meine Ärztin einigen Leidenskollegen vorführte, wurde mir dann gesagt, meine Argumentation sei doch ganz schlüssig, das sei doch schon immer klar gewesen. Ich hätte so gerne einmal die Erfahrung gemacht, dass das anfängliche Unverständnis, welches ich oft erlebe, und das ich dann versuche, ins rechte Licht zu rücken, hinterher aufgelöst wird, indem Menschen auch einmal sagen, jetzt kann ich sie besser verstehen, oder jetzt, nachdem Du es noch mal erklärt hast, verstehe ich Dich besser. Ich stoße häufig zunächst auf Unverständnis, was dann hinterher natürlich selbstverständlich bloß ein Missverständnis war, denn wenn ich mich nach anfänglichem Unverständnis noch deutlicher erkläre, und dann letztendlich kein Zweifel mehr an der Richtigkeit meiner Argumentation bleibt, dann höre ich hernach häufig den Satz, warum, ich hab das doch schon von Anfang an verstanden. Irgendwie habe ich dann nie das Gefühl, dass sich die Sache tatsächlich befriedigend aufgelöst hat. Mir fehlt allmählich auch irgendwie die Hochachtung vor den Menschen, und ich würde mir einmal wünschen, dass ich auf Menschen treffe, die mich entweder gleich tatsächlich verstehen und dies auch klarmachen, oder die sich für meine Problematik interessieren und hinterher, wenn sie ihnen verständlicher wird, auch einmal zugeben würden, dass sie mich jetzt, da ich mich besser erklärt habe, auch besser verstehen können. Das wäre eine Größe, die viele Menschen anderen gegenüber zeigen, die mir hingegen leider noch nicht zuteil wurde, oder die ich, weil ich ja immer alles missverstehe, wahrscheinlich nicht registriert habe. Ich hätte mir auch von meinem Arzt gewünscht, dass er, und das hätte mich extrem entlastet, einmal gesagt hätte, jetzt kann ich sie besser verstehen, und jetzt weiß ich auch, dass ihre Augenärztin recht hat, und die Sache wirklich mit organischen Problemen zusammenhängt. Selbstverständlich ist es bei allen, auch bei den körperlichen Erkrankungen so, dass seelische Stimmungsschwankungen sich auch auf die körperliche Symptomatik auswirken können. Doch sollte man dieses Phänomen nicht überschätzen, man sollte aber auch die Auswirkungen auf die Psyche nicht unterschätzen, die körperliche Erkrankungen haben. Ich hätte so häufig eine Revision gebraucht, es hätte mir so gut getan, wenn unerklärliche Phänomene einmal nicht sofort in die psychische Ecke gestellt oder als stimmungsabhängig hingestellt worden wären, zumal ich ein noch sehr unerforschtes Krankheits-Syndrom habe, bei dem sehr viele Dinge vorkommen können. Erst vor einigen Jahren habe ich durchgesetzt, dass bei mir das Gen gefunden wurde, an welchem ich leide, hierüber habe ich auch in meinem Blog berichtet. Bei dem Zentrum für seltene Erkrankungen ging man sogar so weit, mein Syndrom nicht mehr als Senior-Loken-Syndrom zu bezeichnen sondern, da mein Gen sich auch mit einer Unterform des Bardet-Biedl-Syndroms deckt, die Diagnose umzubenennen. Doch hatte ich vorgeschlagen, einfach den Namen zu belassen und meine Erkrankung einfach dem Formenkreis des Senior-Loken-Syndroms zuzuordnen. Beim Bardet-Biedl-Syndrom kommen auch Symptome vor, die ich jetzt nicht habe, wie zum Beispiel Adipositas, Polydaktylie (eine Zehe oder ein Finger zu viel), Hypogonadismus (also unterentwickelte Geschlechtsorgane), oder auch eine Lernbehinderung. Diese Symptome müssen aber auch hier nicht unbedingt vorkommen. Ich kenne Menschen mit BBS , die sehr intelligent und schlau sind. Manche Menschen mit BBS haben auch Probleme mit den Nieren, aber sie kommen nicht so zwangsläufig vor wie beim SLS. Autismus ist beim BBS allerdings ein Symptom, welches schon einmal vorkommen kann. Somit überlagern sich diese Syndrome. Alleine das müsste schon genügen, dass Ärzte anerkennen, dass es durchaus zu Problemen kommen kann, die man sich zwar auf den ersten Blick nicht erklären kann, die aber eben auf die Seltenheit meiner Erkrankung zurückzuführen sind. Nun war ich ja noch einmal bei einer Diagnostik, um die Diagnose des Autismus noch auf festere Füße zu stellen. Sie wurde zwar schon einmal gestellt, doch gibt es hier ziemlich viele Zweifel, und so richtig in meine Akten ist sie nicht übernommen worden. Auch war ich noch nicht richtig zufrieden, da ich angeblich lediglich einen atypischen Autismus hätte, wobei ich Menschen mit Asberger kenne, die wesentlich fitter sind als ich. Und die haben die volle Diagnose, während man bei mir noch unsicher ist. Heutzutage unterscheidet man aber sowieso nicht mehr zwischen den einzelnen Formen des Autismus sondern ordnet alles einem Autismusspektrum zu. Nur möchte ich halt offiziell endlich sicher sein, ob ich tatsächlich diese Diagnose habe, und ob sie überhaupt von anderen Verdachtsdiagnosen abzugrenzen ist. Zuvor wurde ja meine Art immer eher meinem Charakter oder meiner Persönlichkeit zugeschrieben. Daher bekam ich auch einmal die Diagnose F60.8. wer will, kann ja im ICD zehn nachschauen, was das ist. Ich war so dumm und ehrlich und habe bei der Autismusdiagnostik angegeben, dass ich diese Diagnose bekommen hätte, da ich sie einmal zufällig erfragte und dann auch gesagt bekam. Sonst hätte ich gar nicht gewusst, dass dies in meiner Akte steht. Der Autismusdiagnostiker dort riet mir, diese Diagnose einfach zu ignorieren, er glaube nicht, dass ich das hätte. Dennoch erwähnte er in seinem Arztbrief, dass ich mit F 60.8 diagnostiziert worden sei. Als ich ihn damit konfrontierte, meinte er, es gäbe ja schließlich keinen Oberdiagnostiker, der bestimmen könnte, was nun richtig ist und was falsch. Ich hätte auch nicht erwartet, dass er nun offiziell schreibt, hiermit wird bestätigt, dass sie das nicht hat. Er hätte es aber einfach, wie er mir ja selbst geraten hatte, ignorieren können und es daher nicht mehr unbedingt zu erwähnen brauchen. So schreibt einfach einer vom anderen ab, und die Diagnose setzt sich fort, egal, ob sie mittlerweile durch eine andere ersetzt und gegebenenfalls somit sogar revidiert wurde. Ich hatte schon immer den Verdacht, auch ADHS zu haben, da mir schon immer gesagt wurde, dass ich sehr zappelig sei, außerdem bin ich sehr ungeduldig und impulsiv, und ich bin extrem vergesslich. Die Vergesslichkeit hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Es gibt ja einen Unterschied, ob man sich Dinge einfach nicht mehr merken kann, also neue Dinge nicht behalten kann, oder ob man im Alltag schusselig ist, laufend etwas liegen lässt, zerstreut ist oder Sachen durcheinanderbringt. Letzteres war früher mehr im Vordergrund, wobei diese Problematik heute immer noch zugegen ist, mit viel Disziplin aber halbwegs zu meistern ist. Schlimmer ist aber die Tatsache, dass selbst die Dinge, die mich interessieren, nicht mehr in meinem Gedächtnis haften bleiben. Hierüber hatte ich ja schon in meinem Blog geschrieben, und ich hatte mich auch bei meinem Test beschwert, dass schon wieder nicht anerkannt wird, dass die Medikamente, die ich zur Unterdrückung meines Immunsystems nehme, ebenfalls Probleme mit dem Gedächtnis verursachen können. Nun wurde im Nachhinein anerkannt, dass die Dialyse Gedächtnisprobleme hervorrufen kann, und die Psychologin sagte mir nun auch, dass die Medikamente zur Immunsuppression, die ich jetzt nehme, bekanntermaßen ebenfalls Gedächtnisprobleme machen können. Während sie mich testete, kamen wir spontan auf den Gedanken, ich könnte ADHS haben. Ich erzählte ihr, dass ich während meines letzten Krankenhausaufenthaltes mit einer Frau gesprochen hatte, deren Sohn ADHS hat, und dass diese mir sagte, sie hätte bei mir dasselbe Gefühl. Da in unserer Familie mittlerweile die nächste Generation besser untersucht werden kann, und einige ADHS haben, wobei wir die Vermutung haben, dass auch ältere Familienmitglieder von uns diese Störung haben, ließ ich mich ebenfalls testen. Der Psychologe meinte damals, ich hätte auf jeden Fall ADHS, und 95 Menschen hätten weniger starke Symptome als ich, und mein Prozent Rang läge bei 95. Ich solle zu einem gewissen Doktor Huber-Müller-Meier-Schmidt gehen, dort könnte ich dann besprechen, ob ich medikamentös behandelt würde. Leider war dort nur eine Vertretung, die überhaupt keine Ahnung von ADHS hatte. Sie fragte mich, was das denn sei, und als ich ihr sagte, dass man sich da schlecht konzentrieren könne, sagte sie mir, das ginge ihr doch oft genauso. Ich erklärte ihr, dass man sich hauptsächlich auf Dinge konzentrieren kann, die einen interessieren, während Dinge, für die man sich nicht explizit interessiert, einem sehr schwer fielen. Sie meinte, das ginge doch jedem so. Ich würde halt unter meiner Behinderung leiden, es sei doch furchtbar, blind zu werden und Nieren krank zu sein. Normalerweise finde ich es schön, wenn jemand Mitgefühl hat, aber in diesem Moment hätte ich kotzen können. Ich bekam also keine Hilfe, und als ich mit dem Gutachten des Psychologen zu verschiedenen Stellen ging, wurde es so gedeutet, dass die Diagnose nicht eindeutig sei. Als ich den Psychologen später noch einmal fragte, meinte er, er habe mir keine eindeutige Diagnose gegeben. Wer hat da was falsch verstanden? Da ich wegen meines schlechten Gedächtnisses von meiner Hausärztin in die Gedächtnisambulanz geschickt wurde, erwähnte ich auch das Thema ADHS. Ich brachte das Gutachten des Psychologen mit, und man sagte mir, es sei nicht eindeutig, und ich hätte wenig Chancen, eine Diagnose zu bekommen, denn man würde noch wesentlich konservativer urteilen als der Kollege. Ich wurde eben dann auch auf ADHS getestet, und ich zeigte deutliche Symptome, versuchte so viel wie möglich zu erzählen, sprudelte hervor wie ein Wasserfall, als mir die Fragen gestellt wurden, da ich mich in diesem Fragen sehr stark wieder fand, und versuchte, der Untersucherin dies auch klarzumachen. Meine Schwester, deren beide Söhne ebenfalls ADHS haben, hatte sich angeboten, telefonisch über mich und mein Verhalten Auskunft zu geben, damit die Untersucherin sich auch hier ein Bild machen könnte. Als ich dann zu Befundbesprechung kam, wurde mir eröffnet, dass man mir die Diagnose nicht geben würde mit der Begründung, ich sei pünktlich zum Test gekommen, hätte ich ADHS, hätte ich den Termin verpasst. Außerdem habe man mit meiner Schwester gesprochen, diese habe gesagt, ihre Kinder hätten ADHS, ich sei aber ganz anders, und daher könne ich dies nicht haben. Seit wann stellen eigentlich die Angehörigen die Diagnosen? Doch sei man übereingekommen, dass ich eine akzentuierte Persönlichkeit in Richtung instabil hätte. Die Begründung lautete, ich hätte mich im Gespräch so schlecht zurückgehalten und hätte mich auch selbst als impulsiv beschrieben. Impulsivität kommt eben nicht nur bei ADHS sondern auch bei einigen anderen Störungen, unter anderem eben auch bei instabiler Persönlichkeit vor. Ich erwähnte, dass ich einmal einen Test zur Abklärung von Borderline gemacht hätte, und dieser sei zum Glück negativ ausgefallen, da die Symptome "nicht ausgereicht hätten“. Statt diese Aussage nun als Beweis dafür zu nehmen, dass ich keine instabile Persönlichkeit habe, wurde im Gegenteil diese Aussage dann halt eben so ausgelegt, dass es "nicht ausgereicht" hätte, ich also dann an der Grenze dazu sei, genau das würde ja damit gesagt. Ich hatte also keine Chance. Bei einem Test auf ADHS sollte eigentlich das Ergebnis nur lauten, ADHS ja oder nein. Eine andere Krankheit kann man damit ja nicht testen, und wenn Hinweise auf eine andere Störung bestehen, muss man denen nachgehen, indem man dann eben auf diese Störung testet. Wenn dieser Test schon gemacht wurde, und heraus kommt, dass diese Störung nicht vorliegt, dann müsste damit eigentlich auch klar ausgesagt werden, dass ich diese Erkrankung dann nicht habe. Wenn ich bei ADHS oder Autismus ganz knapp darunter liegen würde, würde es heißen, es reicht nicht, also hast Du das auch nicht, dann käme auch keiner auf die Idee zu sagen, sie liegen knapp darunter, also haben sie es doch. Knapp darunter ist eben knapp darunter. Als ich bei einem namhaften Experten war, hieß es, ich sei unter dem cut-off-Wert für Autismus, ich hätte es also nicht. Somit gibt es unterschiedliche Aussagen, daher wollen wir jetzt noch einmal testen, was nun stimmt und was nicht. In unserem Klinikum haben sie mir ausdrücklich gesagt, dass sie mir die Diagnose Autismus nicht wegnehmen, sie würden mir diese Diagnose lassen. Ich stellte meine Schwester zur Rede und fragte sie damals, warum sie der Diagnostikerin so einen Unsinn erzählt hätte, und ob sie denn entscheiden könnte, ob ich ADHS habe oder nicht. Daraufhin meinte sie, sie hätte so etwas nie gesagt. Als ich neulich der Psychologin, die den Test wegen Autismus durchführte, erzählte, mit welcher Begründung man bei mir die ADHS abgelehnt hätte, nämlich, dass ich ja sonst nicht pünktlich zur Untersuchung erschienen wäre, musste sie lachen. Als ich ihr sagte, was meine Schwester den Untersucherrinnen angeblich gesagt hätte, meinte sie, ihre Schwester hat das sicher nicht gesagt. Das glaube ich nämlich auch. Sie möchte jetzt noch einmal zwei Fragebögen zum Thema ADHS machen, aber sie würde diese telefonisch durchführen, der Rest sei sowieso schon in der Testung für Autismus enthalten, es seien lediglich zwei Fragebögen mehr. Ich hatte aber Angst, dass es zu diesen Fragebögen nicht kommt. Zuerst hatte ich mich wieder gefreut und war erleichtert, dass mir nun doch mal endlich jemand glaubt. Ich befürchtete aber, dass es wieder nach dem alten Schema läuft. Sobald die merkt, dass ich schon einmal abgelehnt wurde, möchte die sich da sicher nicht die Finger verbrennen. Ich werde wahrscheinlich auch aus irgendwelchen Gründen wieder keine Diagnose bekommen. So läuft es doch immer. Ich würde mich so sehr danach sehnen, endlich rehabilitiert zu werden. Es wäre für mich eine Erlösung und eine Entlastung, wenn endlich herauskäme, dass ich nicht einfach nur übersensibel bin, sondern dass tatsächlich eine Störung der Sehbahn und alles andere auch vorliegt. Es wäre für mich eine riesengroße Erleichterung und auch Rehabilitierung, wenn ich nicht weiter in die Psycho-Ecke gestellt würde, dass ich einfach bloß besonders nervös, ungeschickt und schusselig bin, sondern dass ich zusätzlich zu meiner Blindheit, die sowieso schon eine erhebliche Beeinträchtigung bedeutet, eben auch noch wie viele meiner Familienmitglieder ADHS habe, an den multimodalen Wahrnehmungsstörungen leide, die ich nach langem Kampf von meiner früheren Sehbehindertenschule endlich diagnostiziert bekam, und daher große Probleme mit Feinmotorik und Sensorik habe und mich nicht einfach nur dumm anstelle. Es würde eine riesengroße Erlösung bedeuten, und es würde meine Person in ein anderes Licht rücken, wenn tatsächlich endlich herauskäme, dass ich nicht einfach nur einen schwierigen Charakter habe, sondern tatsächlich autistisch bin und nicht einfach nur komisch , und dass ich für viele Dinge nichts kann, die ich nicht mitbekomme und daher auch nicht angemessen auf die Gefühle anderer eingehen kann, und dass dies eben nichts mit Egozentrismus zu tun hat. Es wäre die Rettung meiner Ehre und die Wiederherstellung derselben, wenn endlich einmal herauskäme, dass ich nicht einfach überempfindlich auf die Welt gekommen bin und auf alles und jedes mit zu großer Sensibilität reagiert habe, sondern dass ich mit neurologischen Problemen wie gerade eben beschrieben auf die Welt gekommen bin, und durch die vielen Frustrationen, die ich dadurch erlebt habe, einfach zu viel an unerträglichen Situationen erlebt habe. Wenn man als Kind schon feststellt, dass man an so vielen Dingen, die anderen mühelos von der Hand gehen, scheitert, und dass man selbst unter sehbehinderten und blinden Kindern nicht mithalten kann und permanent Misserfolge erlebt, kann die persönliche Entwicklung darunter erheblichen Folge Schaden nehmen. Dann würde endlich klar werden, dass meine Schwierigkeiten das Ergebnis von angeborenen neurologischen Problemen sind, also sozusagen die Folge, und dass ich nicht einfach mit einem übersensiblen Charakter auf die Welt gekommen bin. Selbst Kinder, die nicht blind sind sondern ausschließlich Autismus oder ADHS haben, haben massive Schwierigkeiten im Leben. Wenn dies auch noch alles mit Blindheit verbunden ist, dürfte doch klar sein, dass die Anzahl an Grenzen, Frustrationen und Hindernissen ein so unerträgliches Ausmaß annehmen, dass jeder Mensch, egal wie robust oder vermeintlich vulnerabel er auf die Welt kommt, daran zugrunde gehen würde. Es wäre für mich eine riesengroße Erlösung, wenn endlich einmal all diese Zusammenhänge erkannt werden würden, so das ich aus der Psychoecke endlich befreit würde. Aber davon kann ich leider nur träumen, einmal gestellte Diagnosen werden nicht so einfach fallen gelassen, es gibt niemanden, der sagt, wir wissen jetzt, dass all diese früheren Etikettierungen Fehldiagnosen waren, wir sind heute weiter, damals wusste man das halt einfach noch nicht, das tut uns leid, heute sind wir eben weiter, jetzt können wir die richtige Diagnose stellen und ihrer Problematik angemessen gerecht werden. Ich habe immer das Gefühl, dass hier einfach großes Unrecht geschieht, und das man mir in irgendeiner Weise unrecht tut und nicht gerecht wird in der Einschätzung meiner Persönlichkeit. Zumindest gewinne ich häufig den Eindruck, nicht so gesehen zu werden, wie es wünschenswert wäre. Dies hängt direkt auch noch mit den Erfahrungen zusammen, die ich lange Zeit in Kindheit und Jugend gemacht habe. Denn auch als ich während der Schulzeit gemobbt wurde, hieß es, ich würde mir alles nur einbilden, ich sei einfach nur überempfindlich, und ich sei selbst schuld, wenn die Mitschüler so mit mir umgehen. Heute weiß man, dass Mobbing nicht vom Mobbing Opfer selbst verschuldet wird, und dass auch seelische Gewalt tiefe Narben hinterlassen kann. In meinem Falle aber wird dies immer noch nicht anerkannt, meine Traumadiagnose, die ich über ein 500 EUR teures Gutachten nach langem Kampf endlich erhalten habe, wird immer noch nicht in den allgemeinen Kanon meiner Diagnosen aufgenommen. Noch immer gibt es hier keine Rehabilitation meiner Person, noch immer gibt es hier keine Entschuldigung, dass man mich damals einfach falsch eingeschätzt hat und aus damaliger Unwissenheit einfach meine Situation nicht angemessen würdigen und mir in der gebotenen Form helfen konnte, dies aber heute so nicht mehr gemacht würde. Allein so eine Aussage würde für mich eine große Entlastung bedeuten. Aber auch hier werde ich mein Leben lang darauf warten müssen. Mein Wunsch nach solcher Rehabilitation wird dann auch noch als neurotisch oder als kindisch und unreif bezeichnet, wie jemand, der sagt, so, das habt ihr jetzt davon, ich bin ein armes Opfer, und ihr sollt Euch gefälligst bei mir entschuldigen. Es wird so hingestellt, als ob man sich wie ein trotziges Kind benimmt und sich wünscht, dass alle angekrochen kommen und niederknien sollen. Es wird wahrscheinlich eher als narzisstische Befriedigung und den Wunsch nach narzisstische Erhöhung beurteilt. Man ist ja jetzt schließlich erwachsen, daher braucht man so etwas nicht zu erwarten. Außerdem hätte man doch nichts davon. Ich überlege mir wirklich, ob ich die Diagnostik, die ich zurzeit durchführen lasse, abbrechen soll. Zum einen wird mir sowieso keiner glauben, egal, ob noch einmal bestätigt wird, dass ich tatsächlich eine Form von Autismus habe, und zum anderen kann es durchaus sein, dass weder ADHS noch Autismus anerkannt wird, und wenn, werden daraus sowieso nicht die angemessenen Schlussfolgerungen gezogen . Die Hoffnung, dass man mir mit dem Wissen um meine neurologischen Defizite und um die daraus entstandenen Traumatisierungen vielleicht anders begegnet, wird sich sowieso nie erfüllen.

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