Samstag, 31. Dezember 2011

Das Jahr der........

Dieses Jahr war zum einen das Jahr der Taxiwechsel. Zuerst hab ich von meinem langjährigen Taxi, mit dem ich viereinhalb Jahre lang im wahrsten Sinne des Wortes "gut gefahren" bin wegen Unzufriedenheiten im Verhalten zu einem anderen Taxiunternehmen gewechselt. Dort hatte ich zunächst meinen Lieblingsfahrer, den ich schon einmal Jahre zuvor kennengelernt hatte. Aus irgend einem Grund hat er mich dann nicht mehr gefahren, wohl interne Sachen zum einen, da einige der Taxen verkauft und auf Mietwagen ungestellt wurde. Zum anderen hörte ich, daß er das öfter so macht, sobald er jemanden der Fahrgäste näher kennt, zieht er sich wieder zurück. Bei diesem Unternehmen wurde ich laufend vergessen, so daß die Schwestern wegen mir oft eine Stunde länger bleiben mußten, bis auch ich abgeholt wurde. Den einen Tag bei dem Taxiunternehmen, bei dem die Frau so komisch war, erwähnte ich ja in dem dazugehörigen Post. Nun bin ich bei einem türkischen Unternehmen, wo sie sehr freundlich und zuvorkommend sind. Es gibt mehrere türkische und auch deutsche Fahrer. Sie geben sich sehr viel Mühe, und bisher klappt es -- abgesehen von einigen "Vergessern" am Samstag -- ganz gut.

Dann war auch noch das Jahr der Magengeschwüre, da innerhalb von zwei Wochen so viel schief lief, daß ich mit drei Magengeschwüren ins Krankenhaus mußte, auch dazu gibt es einen Post.

Schließlich war auch noch mein Jahr der Punktschrift, da ich nun relativ flüssig Kurzschrift lesen kann, was ich mir Ende letzten Jahres beizubringen angefangen hatte. Nun lese ich schon fleißig, habe einige Bücher geschenkt bekommen. Momentan lese ich eines über Henry und Walter Kissinger, welches man kostenlos vom BIT-Zentrum in München bekommen konnte. Selbst lesen macht viel mehr Spaß als sich nur von Hörbüchern berieseln zu lassen, und es bleibt viel besser hängen. Aber während der Dialyse kann ich nicht auf Hörbücher verzichten, da ich nur mit der linken Hand lesen kann, bzw. dort mit dem Zeigefinger, und diese Hand muß ich ja ruhig halten. Auch geht in fünf Stunden mit Hörbüchern mehr als wenn ich das alles in Punktschrift lesen müßte, und es wäre auf Dauer auch zu anstrengend, fünf Stunden am Stück durchweg zu lesen.

Dann hab ich dieses Jahr mal wieder mehr Gitarre gespielt, da mein Nachhilfeschüler mir vielgezeigt hat. Der ist Informatiker und frischt bei mir sein Englisch auf. Das macht auch viel Spaß, und nächstes Jahr werden wir uns die Biographi vom Apple-Mann Steve Jobs vornehmen. (Ich hoffe, daß ich ihn richtig geschrieben habe.)

Und das Tier des Jahres war für mich definitiv der Igel. Ich hatte so einen schönen Traum, und daraufhin hab ich die Geschichte von dem Igel geschrieben, der bei mir überwintert hat, die auch hier zu lesen ist. Zufällig kam dann auch noch im Fernsehen eine Sendung mit Audiodeskription über Igel. Mein netter Taxifahrer hat mir auch erzählt, daß er in einer Internet-Community ist, in der eine Frau dabei ist, die ein Igeldorf hat und darüber in einem Igelblog berichtet. Der Blog ist hier bei BLOGSPOT und heißt Hedschies Igelblog. Dort lese ich nun täglich ihre Einträge über die Igel, die sie aufnimmt, pflegt, füttert, zum Tierarzt bringt und beobachtet. Es sind spannende, bewegende und auch sehr lustige Geschichten dabei. Der Igel, der zum zweiten Mal wieder zu ihr kommt, weil er wieder am Ohr verletzt ist, und den sie mit Ach und Krach durchbringt. Die vielen Igelkinder, die sie zwischen Oktober und November unterernährt und mit Parasiten befallen um das Igeldorf herum einsammelt und aufpeppelt, und die jetzt immer noch nicht schlafen, oder die Igelin, die wegen Parasitenbefall nicht einschlafen kann und sich währenddessen dick und rund frißt.

Das Highlight zum Thema Igel war definitiv das hier in einem Post geschilderte Erlebnis, wobei meine Helferin zwei Igel, die sie aufgenommen hatte, nacheinander herbrachte, und die ich anfassen und betasten durfte, ihnen Futter gab, sie photographieren ließ und mit dem Mikrophon aufnahm. Ich habe dieses Ereignis weitestgehend medial ausgeschlachtet, indem ich dann auch noch ein Igelrätsel in unserer Radiosendung von Radio Ohrenblicke gebracht habe. Die Igeltöne und Geräusche wurden zweimal wiederholt, da das Rätsel ja dann noch aufgelöst werden mußte. Ich selbst lese gerade zum Spaß für mich meine hier veröffentlichte Geschichte auf und werde die Igeltöne auch da hineinmischen. Mittlerweile komme ich nun schon recht gut mit dem Schnittprogramm Audacity zurecht.

Daher ist nun auch das Jahr des Schneidens, da ich ja meinen Chorauftritt in Berlin mitgeschnitten und später noch nachbearbeitet habe. Dann hab ich ja eine Berlin-Collage zusammengeschnitten, die eigentlich in unserer Radiosendung gebracht werden sollte, aber leider wurde das Meiste rausgeschnitten, was mich schon geärgert hat. Nun hab ich einen iphone- Kurs mitgemacht, nicht, weil ich mir unbedingt so ein Ding anschaffen will, denn alleine der Touch-Screen, mit dem viele Blinde allerdings gut zurechtkommen, schreckt mich ab. Aber ich wollte einfach mal mitreden können, und nachdem ich beim Anfassen eines iphones bei einer Hilfsmittelvorführung das Ding bei der ersten Berührung zum Absturz gebracht hatte, wollte ich es nun nochmal wissen. Es hat allerdings nicht sehr gut funktioniert, da die Streichbewegungen sehr schwer auszuführen sind. Diesen Kurs habe ich auch so gut es geht zusammengeschnitten, aber die angepeilte Vorgabe von vier Minuten, die ich aus den 1,5 Stunden rausziehen sollte, sind definitiv zu knapp bemessen, so daß es jetzt immer noch 20 Minuten sind. Dennoch macht das Radiomachen viel Spaß. Auf www.ohrenblicke.eu gibt es einige Hörbeispiele aus unterschiedlichen Städten, die bei dem Projekt mitmachen.

Nächstes Jahr wird das Radioprojekt weiter gehen. Auch meine Helferinnen werde ich behalten. Dieses Jahr bin ich zu einem anderen Anbieter gewexhelt. Ich hoffe, daß ich dort noch weiter bleiben werde. Auch meine Putzfrau ist nun "schon" zwei Jahre bei mir. Bisher habe ich aus allen möglichen Gründen und Umständen heraus spätestens alle zwei Jahre eine neue Putzfrau gehabt: Entweder ich war nicht zufrieden, oder sie wurde krank, oder ihr Mann erkrankte, und sie mußte eine Arbeitsstelle annehmen etc. Ich hoffe nun, daß die jetzige mir erhalten bleibt. Es ist ganz ordentlich sauber, und sie hilft mir auch mit meinen Balkonpflanzen und ist auch sonst sehr engagiert.

Dann würde ich mir wünschen, daß ich nächstes Jahr eine Niere bekomme. Im Mai bin ich dann sechs Jahre an der Dialyse. Das reicht allmählich, wobei ich aber mit mindestens sieben Jahren rechne und rechnen muß, da ich auf Platz 30 und auf Seite 2 der Lliste bin, und das sind nur die mit meiner Blutgruppe.

Meine drei allersehnlichsten Wünsche wären, einmal eine richtig gute Möglichkeit zu bekommen, wo ich wirklich Verständnis und das bekomme, was ich schon immer vermisse. Dann würde ich gerne noch die Chance haben, daß die anderen Defizite wie Probleme in der Feinmotorik, im Sozialen oder im räumlichen Denken etc. endlich erfaßt und korrekt diagnostiziert werden, um sie behandeln zu können. Dann wünsche ich mir, daß die Ärzte endlich rausfinden, warum es mir zwischen den Dialysen oft so schnell so schlecht geht, und warum das Sehen so seltsam wird, die Augen flimmern, und ich alles auf einem Auge in Rosa und auf einem in Grün sehe. Und dann hätte ich gerne mehr Verwendung für meine Fähigkeiten und Fertigkeiten, damit diese nicht noch ganz verkümmern, wie zum Beispiel meine Sprach- und Medizinkenntnisse.

Vorsätze mache ich keine, denn die hält man eh nie ein. Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Mehr Ruhe, weniger Aufregung, das wäre manchmal angebracht.

Ich wünsche mir auch, daß Isidor, der dieses Jahr zu mir kam, nicht davonläuft oder überfahren oder krank wird, daß Jakob noch lange lebt, und die beiden sich weiterhin gut vertragen. Isidor hat mir neulich einen Vogel gebracht, das war ein riesiges Massakger, da er ihn lebend hereingetrieben hat. Ich hab die Putzfrau geholt, die die Federn wegmachte. Wir dachten, daß der Vogel aufgefressen sei, aber als ich dann an der Dialyse war, hat er ihn vollends erledigt und ihn mir neben meiner Eßecke als Trophäe abgelegt. Das Zimmer hat gestunken, überall Blut, Vogelscheiße und Federn, Federn, Federn! Das sei ein totaler Liebesbeweis hat ein Tierarzt gesagt, der Bruder meiner ältesten Freundin. Naja, auf derartige Liebesbeweise hoffe ich in Zukunft verzichten zu können. Isidor wird daurend geschoren, gekämmt oder seine "Haarbutzeln" engfernt, so daß er bei mir manchmal ein unbequemes Leben hat. Ich hoffe aber, daß er mich dennoch lieb hat, obwohl ich ihn jedesmal, wenn ich ihn streicheln will, automatisch auf Haarknoten untersuche und sie ihm rausziehe. Dennoch ist er sehr anhänglich und wird es hoffentlich auch bleiben. Seine Diebstähle nehmen auch ab, da haben wir wirklich Erfolg gehabt. Jakob wird ein Kilo mindestens abnehmen müssen. Wir haben damit begonnen, ihm und Isidor nur noch zweimal täglich Futter zu geben. So wird er den Vorsatz auch einhalten können.

In diesem Sinne wünsche ich allen Mitlesern und -innen "g" ein erfolgreiches und schönes 2012. Und noch etwas: Aus irgend einem Grund kann ich es verdammt nochmal nicht ausstehen, wenn mir immer alle sagen: "VORALLEM GESUNDHEIT" Ich BIN nicht gesund, und immer leiern alle diese Sprüche runter, ohne groß nachzudenken. Das ist so eine Marotte von mir, daß ich diese zwar gut gemeinten aber meines Erachtens in meinem Falle deplazierten Sprüche zum Reiern finde. Daher wünsche ich allen: "SEID gesünder als letztes Jahr, wenn möglich!"

Euer Steinböckle

Samstag, 24. Dezember 2011

Komm großer schwarzer Vogel

Heute hab ich endlich Zeit, die Posts zu schreiben, die ich mir schon die ganze Zeit vorgenommen hatte.

Vor einigen Wochen bekam ich über unsere Mailingliste, in der Leute drin sind, die sich für Liedermacher und Folk interessieren, die Nachricht, daß Degenhard gestorben ist. Daraufhin kam dann auch noch die Mail von einem Bekannten, daß Kreisler im hohen Alter verstorben ist.

Und zu allem Schrecken kam dann noch die dritte Meldung, Ludwig Hirsch sei durch eine Krankheit gestorben. Das schockte mich in der Tat. Ich bin mit Liedern von Ludwig Hirsch quasi aufgewachsen. Wenn ich mit meiner Schwester in deren Wohnmobil in die Stadt fuhr, wo sie mit ihrem damaligen Mann wohnte, und wo ich im Internat war, lief ständig die Kassette mit den "Dunkelgrauen Liedern". Das mit dem Herrn Haslinger hab ich in dem Alter grade mal so begriffen. Die Unterhaltung mit dem femininen Herbert wurde mir auch recht schnell klar. Am lustigsten fand ich den Schurli-Bua, der sich selbst seiner Freundin "in am Backerl als Geschenk" verschickte, und die verrückte Frau, die eine "Tramway nach Ankara" entführt hat, oder die Männer, die einer Monsterspur im Schnee nachjagen und ihrer Frau "noch a Busserl" geben, "des Erschte seit am Johr", und die dann im Gebüsch lediglich die kackende Operettensängerin finden.
Ich ließ mir dann einige Kassetten und CDs kopieren, freute mich über die Solidarität mit seinem "Freund, dem Zwerg", und spulte häufig vor, wenn das Lied mit dem "großen schwarzen Vogel" kam, da es mir zu heftig war. Ein Freund, der an den Augen operiert wurde, tat sich das absichtlich an und hörte es vor seiner OP.
Später bekam ich dann noch die CD "Gottlieb", die viele der bekannten Lieder in einer Art Musical verarbeitete, zum Beispiel die traurige Geschichte des Dorftrottels, der sterben mußte, damit das totgeborene Kind den Himmel betreten durfte, oder die Geschichte seiner Oma, einer glühenden Hitlerverehrerin, die auf dem Prater an ihren falschen Zähnen beim Sturmbootfahren erstickt ist. Dann kamen andere CDs hinzu mit verschiedenen Liedern, wo man auch das schauspielerische Talent des Ludwig Hirsch bewundern konnte, als er einen verlassenen Mann darstellte, der völlig betrunken seine Ex anrief und sie vollsülzte.
Dann hatte ich auch mal die Gelegenheit, ihn live zu erleben. Anhand der Lieder dachte ich, daß es ein düsterer Geselle sein muß, aber ganz im Gegenteil, es war ein sehr freundlicher, sympathischer Mensch, der mit dem Publikum einen guten Kontakt aufgebaut hat. Ich kaufte mir auch dann gleich die CD "Perlen", in der ein wunderschönes und sehr anrührendes Lied über seine Eltern enthalten ist. Aber auch die gruselige Seite kommt wieder zum Vorschein, wenn er übre den Auftragskiller namens "Flachmann" singt, der in seiner Manteltasche dann aber ein schwülstiges "rosarotes" Kindergedicht herumträgt. Die neueste CD "In Ewigkeit Damen" hat mir nicht so gut gefallen, aber ich bekam noch einen ganzen Schwung anderer Alben, wie zum Beispiel "Tierisch", in dem er aus der Froschperspektive "bitte nicht küssen" fleht.

Es gingen so mancherlei Gerüchte um, er sei aus dem Fenster der Klinik gesprungen, weil er Lungenkrebs hatte. So hat er also sein Lied: "Komm, großer schwarzer Vogel" wahrgemacht, und es passierte genauso, wie er es vor Jahren erdichtet hatte.

Viele, mit denen ich mich darüber unterhalten habe, dachten dasselbe wie ich, waren alle besonders schockiert und berührt von dem doch verhältnismäßig frühen Tod. Und alle sagten so in etwa: "Da bin ich gleich hin und hab die Platte 'Komm, großer Schwarzer Vogel' aufgelegt." Oder: "Da hab ich mir gleich zwei CDs gekauft." Ich hab auch am Sonntag drauf die "Dunkelgrauen Lieder" aufgelegt und mir gedacht, daß das jetzt im deutshsprachigen Raum wohl sehr viele getan haben, und man nun überall die Lieder hören können müßte.

Nach und nach sterben die alten Liedermacher nun weg, und man kann nur hoffen, daß wieder neue nachkommen, da es ja immer noch genug gibt, über das man singen kann. Ludwig Hirsch wird mich noch lange in Form seiner CDs begleiten, da mir die bittersüßen Lieder und die Geschichten aus dem ländlich-sittlichen Raum, wo alle "hart wie solides geschmiedetes Raiffeisen" sind, immer wieder sehr gut gefallen.